Kritsa Gorge: eine Schlucht für Alle

Veröffentlicht am 12. November 2025 um 13:01

Auch wenn die kretische Bergwelt mit ihren schneebedeckten Gipfeln, schartigen Graten und langen Schluchten manchmal etwas überwältigend wirkt, kann sie doch auch erstaunlich zugänglich sein – wie die Kritsa Gorge im Hinterland der zentralen Bucht von Mirabello. Nicht weit unterhalb des Dorfes Kritsa beginnt der Wanderweg in einem felsigen Flussbett und führt im Verlauf durch Engpässe in der Schlucht, die jedes mal für neue landschaftliche Ansichten sorgen. So bietet die Hausschlucht Kritsas viel Wandererlebnis, landschaftliche Abwechslung und erste Erfahrungen mit voralpinem Klettern in kleinem Maßstab. 

Felsformation am oberen Ende der Katsikantaras Wanderung

Um der Hitze des kretischen Sommers zu entgehen, kann man die schattige Schlucht von Kritsa als sportliche Herausforderung und aktive Alternative zum Strandurlaub in Betracht ziehen. Denn ohne aufwendige Anreise und Vorbereitung steht hier eine ansehnliche Schlucht bereit, die auch für ungeübte Kletterer gut zu meistern ist und jede Menge landschaftlicher Schönheit abseits der beliebten Strände und Olivenhaine der Urlaubsinsel bietet. Die 5,2 Kilometer lange Rundstrecke kann jederzeit abgekürzt werden, in dem man einfach der flussaufwärts zurückgelegten Wegstrecke wieder in Richtung Tal folgt. Für die komplette Rundwanderung sind 2 bis 4 Stunden zu rechnen, in denen rund 160 Höhenmeter überwunden und wieder abgewandert werden müssen. Das macht sich nach dem recht steilen Abstieg ins Flussbett und folgend etwa einem Kilometer bergauf bemerkbar, wenn erste Engstellen zwischen den bis zu 150 Meter aufragenden Felswänden die Schlucht wörtlich in Reichweite rücken. Hier kann man sich bildhaft vorstellen, wie es gewesen sein muss, die Thermopylen gegen 20.000 Perser zu verteidigen.

Kritsa Gorge: alpines Klettern in kleinem Maßstab

Neben einer anderen sehenswerten Wandergelegenheit in der Nähe von Kritsa bietet auch die Kritsa Gorge einiges an Wanderspaß, landschaftlicher Abwechslung und auch etwas voralpines Klettern, wenn auch in kleinem Maßstab. Auf Grund der nötigen Schrittlänge beim Felsenhüpfen ist die Kritsa Gorge für kleinere Kinder und kleine Hunde nur bedingt geeignet, größere Hunde mit Sprungkraft und entsprechender Trittsicherheit können durchaus mitgehen, stellenweise ist jedoch Tragegeschirr hilfreich.

Wer sich an wenige grundlegende Regeln hält – nämlich nie alleine zu gehen (Mobilfunkabdeckung ist mangelhaft in der Schlucht), Getränke mitzuführen (der Fluss ist trocken, Trinkwasser gibt es nicht), sich nicht zu überschätzen (ein Fehltritt reicht schon) – der findet hier einen sehr abwechslungsreichen Parcour vor, der an einigen Stellen nur über in den Fels eingelassene Kletterhilfen wie Eisenspangen komfortabel passierbar ist. Eben jene Engstellen im weißgrauen Kalksstein, in den sich das Flussbett über die Jahre enge Rinnen gewaschen hat, sind stellenweise abgewetzt und leicht seifig. Mit allzu viel Gegenverkehr muss man allerdings nicht rechnen, denn die Schlucht ist noch alles andere als überlaufen, so dass man selbst in der Hochsaison mitunter stundenlang laufen kann, ohne jemanden anzutreffen.

Viehgatter am Zugang zum Hochwanderweg über dem Flusstal

 Der erste Abschnitt im noch breiten Flussbett führt über große Felsen, was Trittsicherheit erfordert   ©Kretaplan

 

Markantes Profil: Wanderung in der Kritsa Gorge

Die Parkmöglichkeiten am offiziellen Startpunkt der Wanderung sind allerdings auf wenige Plätze entlang einer Sackgasse beschränkt. Vom Startpunkt der Wanderung oberhalb des Flussbettes, rund 300 Meter entfernt von der Straßenbrücke über den Fluss, geht es recht steil bergab über hohe Geröllstufen hinab ins ausgetrocknete Flussbett selbst. Nach einem relativ gerade bergauf verlaufenden Abschnitt erreicht man nach einem knappen Kilometer die erste Steilwand zur Rechten, der Weg verläuft fortan im Zickzack zwischen Ausläufern der Bergwände. Die erste echte Engstelle erreicht man nach rund einer Stunde Wanderung, wenn die Felswände bis auf 90cm zusammenrücken und die prächtig in der Schlucht gedeihenden Feigenbäume sich von einer Steilwand zur anderen zu hangeln scheinen.

Die Wanderung in der Kritsa Gorge wird tatsächlich nie langweilig, bietet doch entweder der vielfältige Bewuchs mit knorrigen Johannesbrotbäumen, Eichen und unzähligen Oleandern oder eben die Wegführung entlang der Felsenpools, Höhlen und Grate immer neue Ansichten. Und ebenfalls den leisen Nervenkitzel im Hinterkopf, sich auszumalen, was im Fall eines Fehltritts in eine Felsspalte oder im Fall eines unglücklichen Steinschlags zu tun wäre, so ganz ohne Handyempfang. Nach 2,5 Kilometern wird das Flussbett wieder spürbar breiter und die Steigung nimmt ab, je mehr man sich dem Niveau der umgebenden Steilwände annähert. Wer will, kann die Wanderung entlang des Flussbettes noch für weitere 2 Kilometer fortführen, doch schluchtig wird es oberhalb des Ausstiegs in Richtung Tapes nicht mehr. Nimmt man diesen Abzeig, führt ein einfacher Sand- und Schotterweg über das zu umrundene Plateau auf 380 Metern Höhe zurück zum Startpunkt an den Eukalyptusbäumen.

 ©Kretaplan

Kritsa, der Skorpion unter den kretischen Bergdörfern

Kritsa, das terassiert angelegte Bergdorf mit seinen unzähligen Kirchen und Kapellen, hat sich über Jahrtausende wie ein widerstandsfähiger Skorpion an die Berghänge über der Bucht von Mirabello gekrallt. Tatsächlich erinnern die heutigen Umrisse der Bergsiedlung an einen weißen Skorpion, der seine Scheren in Richtung der Schlucht von Kritsa ausstreckt und das brokkolihafte Grün der Olivenhaine – das Kritsa-Olivenöl wird regelmäßig ausgezeichnet und ist durchaus berühmt – von dem trockeneren Beigebraun der steilen Berghänge des Lassithi-Hochlandes trennt. Als ebenso wehrhaft hat sich die älteste Kirche Kretas erwiesen, auf die der Stachel des Skorpions etwas unterhalb der Siedlungsgrenze Kritsas hinzeigt: Παναγία Κερά (Panagia Kera), ein Panzer von einer orthodoxen Kirche aus dem 13. Jahrhundert n. Chr. mit reicher byzanthinischer Wandmalerei. Während der Hauptsaison sind die vielen Geschäfte mit unendlichen Olivenprodukten und lokalem Textilhandwerk im Dorfkern gut besucht, besonders wenn der Touristenzug aus Agios Nikolaos gerade eingetroffen ist. Außerhalb der Hochsaison haben jedoch nur wenige Läden und Cafes in Kritsa geöffnet. Doch mit dem antiken Lato findet sich ein weiteres sehenswertes kulturelles Highlight der Mirabello Bay ganz in der Nähe.

Kretaplan-Tipp:

  • Als echte Empfehlung darf der Direktverkauf der landwirtschaftlichen Frauen-Kooperative

    (Συνεταιρισμός Γυναικῶν Κριτσᾶς) gelten, direkt am unteren Parkplatz in Kritsa gelegen (meist geöffnet von Montag bis Samstag von 8-13 und 15-20 Uhr). Alte Damen fahren hier regelmäßig mit ihren klapprigen Pickups vor und liefern köstliche hausgemachte Zitronenmarmelade und delikate τυροπιτάκια, feine kleine Käseküchlein, die sich auch bestens als Wegzehrung für einen Nachmittag in der Kritsa Gorge eignen.

  • der Zutritt zur Schlucht ist unbeschränkt und kostenlos

  • von Kritsa aus Richtung Lato, hinter der Flussbrücke links bergauf zum Startpunkt (begrenzte Parkplätze)

  • Rundwanderweg über 5,2 km bei 160 Höhenmetern über grobes, felsiges Gelände
  • festes, rutschhemmendes Schuhwerk dringend empfohlen
  • die Kalkstein-Rinnen können sehr glatt und schlüpfrig sein, stellenweise nur über Handgriffe zu überwinden
  • keine Wasserquelle vorhanden, hinreichend mitgeführte Getränke empfehlenswert
  • bei regnerischem Wetter Gefahr von Steinschlag an Engstellen und überhängenen Wänden

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